Vorsicht, Zickenzone by Christine Koller & Claudia Rieß

Vorsicht, Zickenzone by Christine Koller & Claudia Rieß

Autor:Christine Koller & Claudia Rieß [Koller, Christine & Rieß, Claudia]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Kösel-Verlag <München>
veröffentlicht: 2012-05-23T22:00:00+00:00


Matschige Mandarinen

Do-it-yourself und Handarbeit liegen im Trend, sagt der Hamburger Trendforscher Professor Peter Wippermann. Er sagt auch, dass es eine Orientierung weg von Produkten hin zu Beziehungen gebe. Die Beziehungen unter Müttern, die guten vor allem, kann er damit nicht gemeint haben. Ich zumindest verspüre keinen Trend in Richtung »good vibes« unter Mamas. Vielmehr gibt es eine natürliche Polarität zwischen einer guten Mütter-Beziehung und Handgemachtem. Und die heißt: Hast du nichts Selbstgemachtes, bist du raus! Schluss mit lustig.

Im Alltag mit Kindern wird das vor allem auf Schulfesten sichtbar. Und zwar für alle. Denn da trennt sich die Fertigwaren-Spreu vom selbstbackenden Weizen. Da muss sich die Mutter, die mal wieder einen Beutel abgepackter Nüsse oder eine Tüte Spekulatius (wenigstens vom Bio-Supermarkt) zur Weihnachtsfeier mitbringt, dem Spott der Mamas aussetzen, die der Lehrerin ihren selbstgemachten Mohn-Quark-Stollen unter die Nase reiben. Ich bin so eine. Nee, keine Stollen-Mutter, sondern eine, die immer auf den letzten Drücker noch was vom Supermarkt mitbringt. Ich backe mit meinen Kindern auch Plätzchen, aber die werden sofort an Nachbarn und Omas verschenkt, der Rest verschwindet in den Bäuchen der Familie. Den Kindern in der Schule ist es doch egal, ob die Plätzchen aus Mamas Ofen stammen oder von Coppenrath & Wiese. Den Müttern nicht. Die schielen und tuscheln.

Doch wo soll Selbermachen reinpassen? In einen vollen Arbeitstag samt Hausaufgaben mit Sohnemann, Essen kochen, Wäsche abhängen, Katzenklo säubern, Spülmaschine ausräumen ...? Da kann man sich hinterher nichts Schöneres vorstellen, als stundenlang Teig zu kneten und auszustechen, oder? Warum fragt mich stattdessen nicht eine Mama, ob sie für mich etwas besorgen soll? Oder etwas mitbacken könnte? So stelle ich mir eine gute Beziehung vor. Empathie. Echtes Miteinander. Aber sich über andere lustig zu machen, weil sie keine Zeit haben, keine Lust oder es einfach nicht können? Das ist doch armselig.

Die Heldin aus Allison Pearsons Roman Working Mum versucht, diesen demütigenden Blicken mit einem Trick auszuweichen. Für das Schulbüfett zum Krippenspiel kauft sie (Vollzeitstelle als Führungskraft in einer Bank) eine Packung Kuchen aus dem Supermarkt. Zu Hause entfernt sie die Folie, schlägt mit dem Nudelholz auf den Kuchen ein und streut zum Schluss großzügig Puderzucker darüber. Warum? Um dem Ganzen einen hausgemachten Look zu verleihen. »Denn auf hausgemacht kommt es mir an. Das Heim ist, wo das Herz ist. Das Heim ist, wo die gute Mutter ist, die für ihre Kinder backt«, lässt Pearson ihre Working Mum sinnieren.

So weit kommt es noch, dass wir Mamas Kuchen verprügeln, nur damit andere Mütter nicht über uns herziehen. Aber so abwegig ist die Vorstellung nicht, wenn ich an die Blicke denke, die sich so manche Mütter gegenseitig zuwerfen, wenn Mama X mal wieder abgehetzt im dunkelblauen Kostüm zu spät zur Weihnachtsfeier erscheint und eine Kiste Flieger-Mandarinen auf die mit Engel-Servietten und Tannenzweigen gedeckten Schultische legt. »Nee, nicht schon wieder matschige Mandarinen wie letztes Jahr«, raunt die eine Mutter der anderen zu.

»Na, was Selbstgebackenes von der hätte ich nie im Leben angerührt«, flüstert die zurück. Kein: »Schön, dass du da bist. Lange nicht gesehen!«

Woher diese Stutenbissigkeit? Immer wieder dieselbe Antwort: Weil Muttern denkt, ihr Lebensentwurf ist der einzig wahre.



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